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"Ich habe die Er­fah­rung ge­macht, dass es immer weiter­geht."

Freitag, 01. März 2019

Christian Müller gründet als Schauspieler und Sprecher ein Tonstudio in Potsdam Babelsberg. Er kennt sich mit Tiefschlägen aus. Doch bevor er für die Träume anderer arbeitet, arbeitet er lieber an sich selbst - und verwirklicht seine Ideen.

Foto: Elisabeth Bahlke

Christian, wer bist du und was machst du?

Hi, ich bin Christian und arbeite als Schauspieler und Sprecher. Ich gründe ein Tonstudio, um der Liebe zum gesprochenen Wort den Platz in meinem Leben zu geben, den es verdient. Ich merke derzeit, dass Menschen auf der Suche nach authentischen Geschichten sind. Daher möchte ich eine Möglichkeit schaffen, Hörbücher zu produzieren, preisgünstige Tonaufnahmen herzustellen oder auch Sprecherdemos für exklusive Bewerbungen im Businessbereich zu produzieren.

Was ist dir wichtig bei deiner Arbeit?

Mir ist es wichtig, Menschen mit Geschichten zu bewegen und ihnen eine Botschaft zu übermitteln, die sie voranbringen. Dies berücksichtige ich beispielsweise bei meinen Podcasts (Geschichten und Balladen), die ich seit zwei Jahren veröffentliche. In vielen Geschichten oder Märchen stecken eine Moral und Metaphern, die ich im Nachgang besonders hervorhebe. Beispielsweise habe ich die Bremer Stadtmusikanten, um die sich mein letzter Podcast drehte, mit StartUp’s und Banken verglichen. Mir ist es wichtig, einen modernen Bezug herzustellen.

War die Gründung eines Tonstudios von Anfang an deine Gründungsidee?

Nein, bevor ich zur Gründungswerkstatt kam, hatte ich meinen Podcast und einen Verlag, mein Buch war fast zu Ende geschrieben. Außerdem veranstaltete ich Lesungen über das „kollektivLesen“. Eigentlich wollte ich mir bei Enterprise nur Tipps abholen, wie ich alle Bereiche miteinander verbinden und damit Geld verdienen kann. Meine Beraterin machte mir aber klar, dass ich zu viele Ideen parallel verfolgte, es geht nur mit einem Knotenpunkt.

Und wie ging es dann weiter?

Sie riet mir, erst einmal staatliche Unterstützung zu beantragen. Das war vorher für mich absolut unvorstellbar. Heute bin ich sehr dankbar für diesen Rat, denn diese Variante gab mir finanzielle Sicherheit und vor allem Zeit. So konnte ich mir in Ruhe Gedanken über mein Geschäftskonzept machen.

Hat dir das Thema Selbstständigkeit keine Angst gemacht?

Nein, überhaupt nicht. Als Schauspieler bin ich bereits seit drei Jahren unterwegs und da läuft auch nicht immer alles rund. Klar, du kannst immer scheitern. Aber ich bin auch Schauspieler geworden, obwohl die Chancen bei gefühlten 0,1 Prozent liegen, einen Platz zu bekommen.

Viele unserer Gründer haben nebenberuflich einen „sicheren Job“. Bei dir gibt es gleich zwei Risikofaktoren: Schauspielerei und Tonstudio als neue Geschäftsidee. Das ist mutig.

Ja, aber ich möchte an der Verwirklichung meiner Träume arbeiten. Als ich noch in Leipzig gelebt habe, hatte ich viele Jobs gleichzeitig, um die Miete zu finanzieren, weil ich für die Träume anderer gearbeitet habe. Als Schauspieler läuft nicht immer alles glatt, doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass es immer weitergeht, wirklich immer.

Dann kennst du dich auch mit Tiefschlägen aus?

Es gibt Höhen und Tiefen im Leben. Wir sind natürlich auch eine ewig zweifelnde, immer an sich arbeitende Zunft. Aber bei allen Tiefschlägen ist wichtig, dass man immer wieder aufsteht, darüber reflektiert und sich mit anderen Leuten austauscht, wie zum Beispiel mit euch als Gründerwerkstatt und an sich arbeitet.

War es schon immer dein Traum, Schauspieler zu werden?

Nun ich habe mal eine Erzieherausbildung gemacht, weil mir mit 18 Jahren eine andere Perspektive fehlte. Parallel zu meiner Erzieherausbildung spielte ich in einer Band, wir waren auch relativ erfolgreich und am liebsten hätte ich schon damals nur Kunst, nur Musik gemacht, aber ich habe mich nicht getraut.

Warum bist du nicht Erzieher geblieben?

In dieser Zeit damals gab es zwei sehr heftige Erlebnisse. Dann stand ich in Leipzig am Fenster des Kinderheimes und mir wurde klar, dass dieser Beruf nichts für mich ist. Ich setzte alles auf eine Karte, kündigte meinen Job und bewarb mich an den staatlichen Schauspielschulen. Ich habe vier Jobs gemacht, um die Vorsprechen bezahlen zu können und war ein Jahr lang mehrere Runden Vorsprechen. Schließlich wurde ich angenommen und habe es mit keiner Silbe bereut. Und ich glaube, mit dem, was ich jetzt tue, kann ich wesentlich mehr Menschen erreichen.

Wie bist du zu Enterprise gekommen?

Ich habe zwei Jahre irgendwie als Schauspieler überlebt und dann ging einfach nichts mehr und ich wollte auf staatliche Unterstützung verzichten. Dann haben wir uns beim GründerTag 2018 in der IHK Potsdam getroffen. Ich war damals extrem am Boden und genau deshalb bin ich euch so dankbar, ihr habt mir sehr geholfen.

Was hat dich am meisten weitergebracht?

Tatsächlichen waren es zwei Personen. Zum einen war es Stephan Dierichs, der Besitzer des Tonstudios »Tongeschichten«. Ohne Stephan hätte ich die Möglichkeit, hier in Potsdam so zu arbeiten, wie ich es mir vorstelle, gar nicht erst. Er hat mich unter seine "mentorischen" Fittiche genommen, als wir uns kennenlernten. Zum anderen war es die Beratung von Ulrike Feld. Sie hat mich dabei unterstützt, meine Ziele zu visualisieren und Prioritäten zu setzen. Denn du kannst dir so viele Gedanken machen, wie du willst, du brauchst einfach fachlichen Input, um in eine produktive Phase zu kommen und dich zu strukturieren. Durch die Workshops konnte ich ganz konkret an meinen Ideen arbeiten und viele Leute kennenlernen – mittlerweile sind wir eine richtige Community.

An welchem Punkt bist du jetzt?

Ich möchte zum 01.04. das Tonstudio formal gründen, um Aufträge annehmen zu können. Was ich zum Beispiel vorher gar nicht wusste war, dass ich nicht sofort Einnahmen erzielen muss. Erst wenn auch wirklich Einnahmen entstehen, entstehen auch Kosten in Bezug auf die Steuern.

Christian, wir wünschen dir sehr viel Erfolg für deine Gründung und viel Leidenschaft weiterhin für das gesprochene Wort! ;-)

Tonproduktion von Christian Müller

>> Müller Tonproduktion, August-Bebel-Str. 26, 14482 Potsdam, www.müller-tonproduktion.de

Das Interview führte Linda Pförtner von Enterprise am 08.03.2019

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