Montag, 09. November 2020
Was ist eigentlich ein USP, ist das zeitgemäß und wozu braucht man das?
Seit seiner Einführung vor 80 Jahren als „Unique Selling Proposition“ (USP) gehört laut Wikipedia das Alleinstellungsmerkmal „zum Grundvokabular des Marketings“.
2012 hat Ash Maurya im Rahmen des Lean Startup Konzeptes („Running Lean“) eine besondere Art des USP als „unfairen Vorteil“ („unfair advantage“) gegenüber potentiellen Wettbewerbern begründet. Doch was heißt das? Unfair wird meist als ungerechtfertigt oder unlauter übersetzt. Klingt also nach dunklen Praktiken.
Maurya beschreibt die Charakteristik des Vorteils als das, was Konkurrenten nicht oder nur sehr schwer kopieren können. Er geht davon aus, dass jedes erfolgreiche Geschäftsmodell kopiert wird und es wichtig ist eine besondere Art USP, eine Art Kopierschutz zu finden, welches von den Konkurrenten und Nachahmern nicht leicht kopiert werden kann. Das können z.B. ein besonders kreatives Team, bestehende Kundenkontakte, eine große Community oder auch Insiderinformationen sein. Die sind nur mit viel Zeit und Aufwand nachzuahmen, im Unterschied zu einer Preisstrategie oder neuen Features eines Produktes bzw. einer Leistung die übernommen werden können.
Der USP wird im Gabler Wirtschaftslexikon definiert als „einzigartiges Verkaufsversprechen bei der Positionierung einer Leistung. Der USP soll durch Herausstellen eines einzigartigen Nutzens das eigene Angebot von den Konkurrenzangeboten abheben und den Konsumenten zum Kauf anregen.“
Das Alleinstellungsmerkmal wurde der unternehmerischen Kommunikationspolitik entliehen und hat sich in den letzten Jahren zum unverzichtbaren Element in Businessplänen und Pitches für Gründer*innen entwickelt.
So weit so gut, doch was ist daran auszusetzen?
Aus dieser Praxis ergeben sich verschiedene Missverständnisse:
Der USP wird oft als Produktverkaufsschlagwort für ein scheinbar schon etabliertes und getestetes Produkt gebraucht und nicht wie es im Gründungszusammenhang sinnvoll wäre, zur Produktentwicklung genutzt.
Dazu hier ein paar Vorschläge, die eine neue Sicht öffnen können.
Alleinstellung als iterativer Prozess
Alleinstellung als Schnittmenge größtmöglicher Bedarfsentsprechungen
Alleinstellung durch Anpassung an gesellschaftlichen Wandel
Alleinstellung als Verhältnis aus Kundenorientierung und Kosten
Alleinstellung im Leben der Kund*innen
Die Konstruktion Alleinstellungsmerkmal ist sicher für die Unternehmenskommunikation hilfreich, für die Gründungsentwicklung aber missverständlich. Das Alleinstellungsmerkmal als plakatives, statisches Attribut ist höchstens noch für Businesspläne (- wer schreibt eigentlich noch BP?) oder Pitches hilfreich, aber weniger für iterative Geschäftskonzepte. In Zeiten des stetigen Wandels (Corona, Wertewandel, Digitalisierung) wäre auch eine sprachliche Annäherung sinnvoll.
Was nun?
Vielleicht können wir zukünftig mehr über einen „dynamischen Kopierschutz“ oder „empathische Agilität“ statt nur über das USP/Alleinstellungsmerkmal sprechen und damit die Sicht und Herangehensweise erweitern und differenzieren.