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„Es ist schlim­mer, es nicht zu ver­suchen, als eine Idee in den Sand zu setzen!“

Mittwoch, 12. Juni 2019

Kathi & Käthe haben FairVerpackt in Potsdam Babelsberg gegründet. Sechs Monate nach Eröffnung fragen wir, wie's läuft.

Sechs Monate FairVerpackt in Babelsberg – wie läuft‘s?

Käthe: Es macht großen Spaß, Babelsberg ist eine super Ecke, die Leute haben Lust auf Einzelhandel, Begegnung im Laden und Gespräche über Nachhaltigkeit.

Bekommt ihr Feedback und Impulse zum Sortiment von euren Kunden*innen?

Kathi: Ja, denn wir haben Lust, mit unseren Kunden*innen das Sortiment gemeinsam zu gestalten und sind dankbar für Tipps und Wünsche. Es gibt sehr viel positives Feedback zur Qualität der Produkte und zur Einrichtung. Man spürt, dass die Leute Freude am Konzept haben.

Wie läuft der Einkauf in eurem Laden ab?

Kathi: Die Kunden*innen bringen in der Regel ihre Behälter selbst mit, zum Beispiel Gläser, Tüten oder Plastikdosen. Dann wird der Behälter leer gewogen, das Leergewicht wird auf dem Behälter notiert und dann können sie sich die Waren in den Behälter füllen. An der Kasse wird dann gewogen und bezahlt. Für Produktauskünfte stehen wir gern zur Verfügung.

Was ist die wichtigste Vorschrift bei euch?

Käthe: Die Deckel an den großen Abfüllbehältern dürfen nicht geöffnet werden. Die Befüllung erfolgt ausschließlich über uns, das ist für die Hygiene enorm wichtig.

Gab es schon Vorfälle?

Käthe: Das hält sich in Grenzen. Wir hatten in drei Monaten vielleicht drei Situationen, in denen Kunden*innen probiert haben, die Deckel zu öffnen und die Produkte wieder zurück zu schütten, weil zu viel entnommen wurde. Aber das war und ist kein Problem. Wir nehmen die zu viel abgefüllten Lebensmittel zurück, aber sortieren sie aus. Das kalkulieren wir ein.

Ist das Selbstabfüllen günstiger als der Kauf von Einzelprodukten im Supermarkt?

Kathi: Es kommt auf das Produkt an. Die Preise für Nüsse und Trockenfrüchte liegen meist unterhalb eines Bio-Supermarktes. Bei anderen Produkten liegt der Preis etwas darüber, weil wir dort auf Regionalität und Qualität besonderen Wert gelegt haben.

Welche Vorteile gibt es noch?

Käthe: Hier bei uns haben sie die Möglichkeit, die Produkte zu testen und sehr kleine Mengen zu kaufen. Das ist zum Beispiel praktisch, wenn man nach einem bestimmten Rezept kochen möchte. Zu unserem Konzept gehört es auch, gemeinsam über Produkte ins Gespräch zu kommen. Die Kunden*innen können zu den Produktions- oder Anbauverfahren Fragen stellen. Alles in allem ist biologische bzw. regionale Herkunft als auch die Verpackungsersparnis ein großes Plus für die Umwelt und Nachhaltigkeit.

Zu eurem Konzept gehört auch ein Café. Wie wird das angenommen?

Kathi: Sehr gut. Unser Ziel war es, eine entspannte Atmosphäre beim Einkaufen zu schaffen, sodass die Kunden*innen neben dem Einkauf einen Kaffee genießen können. Wir haben uns dafür mit einem lokalen Röster, Patrick Berger (Buena Vida Coffee GmbH), zusammengetan. Viele Kunden*innen kommen extra wegen des Kaffees hierher.

Gute Musik, sensationeller Kaffee und unverpackte Lebensmittel. Wie ist eure Vision vom Laden entstanden?

Kathi: Wir waren beide in der Situation, dass unsere Arbeitsverhältnisse zu Ende gingen und wir uns fragten, was wir als nächstes tun wollen. Da wir beide einen eigenen Laden eröffnen wollten und für umweltpolitische Themen brennen, lag es auf der Hand, einen Unverpackt-Laden zu eröffnen.

Wie lief bei euch die Finanzierung ab?

Käthe: Wir haben uns über Eigenmittel und private Kredite finanziert und erhalten den Gründungszuschuss als Unterstützung in der Startphase.

Ihr habt eine Teamgründung hingelegt. Hättet ihr das auch allein gemacht?

Beide: Nein (: Jede bringt verschiedene Fähigkeiten ein, dadurch kann man sich auf seine Bereiche konzentrieren oder Aufgaben abgeben, die einem nicht liegen. Käthe hat zum Beispiel den ganzen Umbau begleitet und Kathi liegen die Verwaltungsaufgaben mehr.

Wie empfindet ihr das Arbeitspensum im Vergleich zu euren Jobs zuvor?

Käthe: Das Pensum ist viel höher, aber die Arbeit ist auch deutlich erfüllender als vorher.

Kathi: Mit der Arbeit kommen wir der eigenen Idee von Leben und der Frage wie wir miteinander und der Umwelt leben wollen, näher. Das ist jetzt unser Ding und dafür arbeiten wir, wir sind unsere eigenen Chefinnen. Dadurch geht man mit einer anderen Energie und Motivation ran.

Würdet ihr das wieder tun?

Käthe: Klar. Selbst wenn dieser Laden scheitert, haben wir trotzdem viel mitgenommen. Ich denke, es ist schlimmer, es nicht zu versuchen, als eine Idee in den Sand zu setzen.

Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen euch weiterhin viel Spaß bei der Arbeit!

Das Interview führte Linda Pförtner (pfoertner@socialimpact.eu) von Enterprise.

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